2017/18

Jurybegründungen für die Preisträger von "Unter Druck"

1. Platz: "Instasistas" von Lisa Feld und Stephan Strube

Vom Titel, über das Setting, das Milieu und die Figurenzeichnung trifft die Serienidee „Instasisters“ auf intelligente, originelle und sehr, sehr komische Weise den Zeitgeist. Dabei setzen die Autoren nicht auf einen Trend, sondern beleuchten hintergründig, oft abgründig die Gesetze und Untiefen der schönen neuen Welt der Influencer.  Die beiden Hauptfiguren, zwei Schwestern an gegensätzlichen Enden der sozialen Leiter im hippen Berlin, stehen beide unter enormem Druck, existentiellem – der Angst vor Scheitern und sozialem Abstieg und dem Erfolgsdruck, der sich einstellt, wenn jeder Schritt des eigenen Lebens observiert, optimiert und kommentiert wird. Dabei lassen die Autoren beide Figuren eine eigene Entwicklung machen, die über Verführung  und Selbsterkenntnis am Ende zu einer Form der Selbstakzeptanz führt.
Geistreich, selbstironisch, kenntnisreich ist die digitale Welt, in der die Schwestern sich bewegen kontrastiert mit der analogen Welt des Vaters, der durch sein Auftauchen die Konflikte endgültig auf die Spitze treibt. Von diesen Figuren möchte man mehr lesen und sehen.

 

2. Platz: "Peafowl Blue" von Matthias Ziegler und Nuno-Miguel Wong 

Über eine ungewöhnliche und mutig gewählte Figur, einen jesidischen Flüchtling, der sich in Deutschland perfekt angepasst hat, taucht man ein in ein interessantes und aus dieser Perspektive kaum bekanntes Milieu. Die Welt eines Berliner Luxushotels, Peafowl Blue, erzählt durch die Augen eines Hotelpagen, für den das Wort „nein“ gegenüber seinen exzentrischen Gästen ein no go ist. Diese Welt steht in starkem Kontrast zum Schicksal der Hauptfigur, die unter enormem Leidensdruck steht. Seine Mutter und Schwester sind im Irak vom IS entführt worden und er braucht Lösegeld, schnell und viel. Diese Motivation macht eine Identifikation mit dem „Fremden“ leicht und die Schritte, die er unternimmt um seine Familie zu retten nachvollziehbar. Seine Perspektive lässt den Leser eine Art Außenansicht auf unsere Gesellschaft und Werte einnehmen, die oft ein Befremden der eigenen Welt gegenüber auslöst.
Dabei ist das Konzept spannend, unterhaltsam und unsentimental und macht Lust auf mehr.

 

2. Platz: "Distress" von Heiko Zupke

Der Titel Distress ist ein in der Luftfahrt gebräulicher Ausdruck für eine Situation, in der akute Gefahr droht und sofortige Hilfe benötigt wird. In Distress löst die Notlandung eines Passagierflugzeuges eine Kette von Ereignissen und Enthüllungen aus, die das Leben der Hauptfiguren für immer verändert. Geschickt ist der Unfall als Katalysator gesetzt um die verschiedenen Schicksale und Lebenslügen der Charaktere Stück für Stück zu entblättern. Distress, eine Ermittlerserie, ohne eine Polizeiserie zu sein, konstruiert geschickt eine zwar noch nicht dagewesene, aber durchaus denkbare Situation, die ihre handelnden Figuren extremem Druck aussetzt: Druck von Außen – die Erwartungen der Behörden und Hinterbliebenen, persönlichen Druck, die Lebens- und Beziehungssituation der Figuren und inneren Leidensdruck – die Angst zu versagen, verlassen zu werden, zu scheitern.
Nah an den Figuren, wendungsreich geplottet, emotional anrührend erzählt Distress, wie Menschen in Ausnahmesituationen reagieren und trotz allen Rückschlägen die Kraft finden weiterzumachen.